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reifenspuren

Hotel Château FrontenacBaja California Sur

21. Oktober bis 14. November

Wir fahren weiter auf unserer Sand-/Stein-/Erdpiste, die immer enger wird. Die Kratzer von den Dorngestrüppen und den Kakteen mehren sich und unsere Bedenken, ob da wirklich ein Durchkommen ist, nehmen zu. Als dann der Weg zur Hälfte weggespült ist und wir auf einer Seite mehr als einen halben Meter höher hätten fahren müssen entscheiden wir uns, umzukehren und eine Umfahrung zu suchen. Wir finden einen anderen Weg und nun geht es eindeutig flotter vorwärts. Noch etwa siebzig Kilometer holpern wir durch die hügelige Baja, bis wir die Carretera Transpeninsular wieder erreichen. Ich bin schon etwas erleichtert, denn so abgelegen und schwierig zu fahren hatte ich mir die Strecke nicht vorgestellt. Als wir am späteren Nachmittag in San Ignacio ankommen müssen wir feststellen, dass alle Zeltplätze, die wir eigentlich ins Auge gefasst haben zum Übernachten, vom Unwetter zerstört sind. Wohl oder übel übernachten wir im Rice and Beans, einem Hotel mit RV-Park. Hier treffen sich die Baja 1000 Teilnehmer, Töfffahrer vor allem, die die Strecke inspizieren um möglichst optimal auf das Rennen vorbereitet zu sein. Unser Truckli wird schon beim Durchfahren fotografiert und als wir dann hier absteigen, kommt die unweigerliche Besichtigung aus der Nähe. Wir essen hier zum ersten Mal (in Mexico) auswärts und es schmeckt wunderbar! Die Nacht ist dann allerdings eher kurz, denn wir sind umstellt von Motorrädern und deren Fahrer machen sich schon vor Sonnenaufgang an’s Werk. Einer hat einen Platten und so muss noch das Rad ausgewechselt werden, alles relativ laut und mit vielen Diskussionen.

Nach dem wenig romantischen Parkplatz-Frühstück sind wir ebenfalls früh startbereit und machen uns auf Richtung Santa Rosalia, einem kleinen Städtchen an der Küste. Irgendwie haben wir’s nicht so ganz gecheckt und nur nach einem Supermarkt Ausschau gehalten. Eigentlich müssten wir’s jetzt besser wissen, das Auto abstellen und zu Fuss auf Entdeckungstour gehen... Das machen wir dann in Mulegé und finden kleine Läden um das Wichtigste einzukaufen. An der wunderschönen Bucht Bahia de Concepción bleiben wir die nächsten beiden Nächte an einem Traumstrand und geniessen – eigentlich zum ersten Mal so richtig auf dieser Reise – das Strandleben. Das Wasser ist so warm, dass sogar Urs sich darin tummelt und das will doch etwas heissen. Unsere Brotbackerei funktioniert auch immer besser und so sind wir rundum zufrieden und lassen es uns gut gehen.

Auf der Weiterfahrt sehen wir bereits nach ein paar Kilometern „Speedy“, das Wohnmobil der Rovedas. Wir biegen ab an den ebenfalls schönen Strand und weil es grad passt, bleiben wir und machen noch einen Tag „Familienstrandleben“. Die Rovedas haben schon fleissig Schwemmholz gesammelt und so reicht es für ein schönes gemütliches Lagerfeuer am Abend.

Loreto erreichen wir schon am Mittag und den RV-Park in der Stadt finden wir auch problemlos. Der Platz ist wirklich sehr gut, hat warme Duschen und Waschmaschinen, liegt in der Nähe des Zentrums und des Malecón. Ein richtig guter Ort um Dinge zu erledigen. Das findet auch ein schwedisches Paar, das seit anderthalb Jahren auf Motorrädern und mit Zelt auf Tour ist und hier Annehmlichkeiten wie Sauberkeit, Tische mit Stühlen und WiFi geniesst. Wenn ich sie sehe, komme ich mir als absolute Luxusreisende vor! Auch wir beschliessen, hier einen weiteren Tag zu verbringen und das Städtchen noch ein bisschen zu erkunden. Der Hauptplatz im historischen Zentrum ist wunderschön, am Malecón hat es eine Oldtimer-Ausstellung mit VW Käfern aus den fünfziger Jahren, alten Ford-Trucks und Chevrolets diverser Jahrgänge. In einem Sportgeschäft kaufen wir endlich Taucherbrillen und Schnorchel und sind nun gerüstet für weitere Strandabenteuer. Für Walbeobachtungen sind wir wahrscheinlich noch zu früh aber es gibt ja auch noch anderes zu sehen an diesen Buchten mit dem glasklaren Wasser.

Wir können’s nicht sein lassen und planen noch einmal einen Ausflug auf einer unbefestigten Strasse an die Bucht mit dem schönen Namen „Puerta Agua Verde“. So langsam sind wir sicher, dass die Strecken auf unserer Karte grösstenteils in Meilen angegeben sind, denn der Abstecher zieht sich recht in die Länge und ist aufwändig zum Fahren. Wir wollen in eine wunderschöne Bucht und sehen sie auch bereits von oben, eine Landzunge zwischen zwei Felsen, auf beiden Seiten das Meer, einmal als Bucht und einmal offener. Aber die letzten zirka 40 Meter sind supersteil und ausgesprochen rutschig (Sand und Steine), also steigen wir erst mal aus, lassen das Truckli stehen und machen uns zu Fuss auf den Weg. Die smaragdgrüne Bucht ist sehr verlockend, aber irgendwie haben wir kein gutes Gefühl mit diesem Steilhang. Und so halten wir es wie immer: Das Gefühl ist ausschlaggebend. Wir fahren ein Stück zurück, wenden und lassen die Bucht hinter uns. Etwas weiter zurück versuchen wir erneut an den Strand zu fahren und diesmal haben wir mehr Glück. Relativ flach und nicht allzu sandig führt ein Weg meerwärts und wir finden ein wunderschönes Plätzchen mit Palmen und einer kleinen Lagune, die bei Ebbe trocken fällt. Wir geniessen den wunderschönen Abend und sind froh, dass wir uns so entschieden haben.

Zeitig fahren wir am Morgen los, haben wir doch eine nicht ganz einfache Strecke bis zur Teerstrasse vor uns. Und bis nach La Paz ist es noch einmal ein ganzes Stück auf der Transpeninsular. Die Landschaft ist zauberhaft, vor allem die Aussicht auf das smaragdgründe Meer, die mit Kakteen bewachsenen Hügel und die Berge, die wir nun wieder durchqueren. Alles geht gut, auch die durch Erosion und Abrisse entstandenen engen Passagen meistern wir problemlos. Und doch atmen wir jedes Mal ein wenig erleichtert auf, wenn wir uns wieder auf „sicherem Terrain“, das heisst auf befestigten Strassen mit etwas Verkehr, befinden. Die restliche Fahrt bis La Paz ist langweilig, schnurgeradeaus und landschaftlich eintönig. In la Paz sind Rovedas auf einem Platz in der Stadt abgestiegen und so fahren wir ebenfalls dahin. Es ist schön, aber teuer: 400 Pesos ob mit oder ohne Strom. Naja, eine Nacht geht, aber länger wollen wir da nicht sein. Der Vorteil ist einzig, dass man zu Fuss in’s Zentrum gehen kann, aber wie wir feststellen, hält sich das Vergnügen bei den hohen Temperaturen in Grenzen. Wir spazieren entlang dem Malecón bis ins Zentrum, kaufen Brot und kehren dann zurück. Inzwischen sind auch Rovedas wieder da und berichten uns, wo und wie die Fähre zu buchen ist (muss chaotisch sein) und wo wir unser Auto temporär einführen können. Das Büro befindet sich neu in der Stadt und nicht mehr am Hafen und so ist klar was am nächsten Tag auf dem Programm steht.

Nach dem Frühstück machen wir uns auf zum Einfuhrbüro. Roman fährt souverän voraus und führt uns auf direktem Weg an den richtigen Ort. Für ihn mit dem grossen (hohen!) Camper ist es gar nicht so einfach, in der Stadt herumzukurven, denn die Stromleitungen hängen teilweise so tief, dass er auf die andere Strassenseite ausweichen muss, um sie nicht herunter zu holen. Im Büro werden wir sehr freundlich empfangen, müssen Formulare ausfüllen, uns ausweisen, die Gebühr bezahlen und bekommen schliesslich den Aufkleber, der die Einfuhr bestätigt und das Formular, das wir bei der Ausreise wieder abgeben müssen. Alles unkompliziert, problemlos und schnell – was wollen wir mehr?, Nun suchen wir die Sprachschule. Sie macht uns einen recht guten Eindruck und wir beschliessen spontan, hier zwei Wochen Spanisch zu lernen falls wir einen Übernachtungsplatz zu einem akzeptablen Preis finden. Dann fahren wir an den Strand von Tecolote. Wunderwunderschön! Hier kann man gratis stehen, es hat aber keine Infrastuktur. Für zwei bis drei Nächte ist das sehr gut, aber für zwei Wochen mit Sprachschule definitiv kein Thema. Dafür wird der Campestre Chametla wieder attraktiv. Wir brauchen eine knappe halbe Stunde um hinaus zu fahren, die Besitzerin bestätigt uns, dass jede halbe Stunde ein Bus fährt und so ist die Entscheidung schnell gefallen: zwei Wochen Sprachschule und übernachten in Chametla. Auf dem Weg nach Tecolote wollen wir die Fähre buchen, aber da ist so ein Chaos mit Lastwagen, dass wir es nicht schaffen auch nur in die Nähe eines Büros zu kommen.

Unsere nächsten zwei Wochen sind geplant und wir haben ein freies Wochenende vor uns, Zeit also, um die Baja an der Südspitze zu umrunden. Wir fahren Richtung San José de Cabo und machen in Los Barilles unseren ersten Halt. Es ist ein typischer Snow-Bird-Ort, besteht vorwiegend aus Ferienhäusern und -Wohnungen und RV-Parks für die Nordländer, die der Winterkälte entfliehen und hier die milden Temperaturen geniessen. Nichts also, was man unbedingt sehen muss und so ist der Spaziergang kurz und wir wieder auf der Strasse, die bald einmal nur noch als Stein- und Sandpiste dem Meer entlang nach San José de Cabo führt. Überall treffen wir auf die Spuren des Hurricans Odile, der unglaublich gewütet haben muss. Häuser, deren Dächer noch nicht wieder gedeckt sind, Fensterscheiben die fehlen, Strassen, die löcherig, sandig und unterspült sind und manchmal ganz umfahren werden müssen. Und überall ist man am reparieren, putzen und wieder aufbauen. Ich weiss nicht, ob ich an einem so exponierten Ort würde wohnen wollen, obwohl es landschaftlich wunderschön ist hier. Aber offensichtlich ist das Gebiet gefragt, denn ein grosser Teil des Landes ist eingezäunt und steht zum Verkauf Ab und zu stehen bereits Schilder, die auf geplante Resorts hinweisen. Lange wird die Südspitze der Baja wohl nicht mehr so wildromantisch sein.

Umso mehr geniessen wir es und übernachten ganz allein an einem wunderschönen Strand, sitzen bei milden Temperaturen unter dem Sternenhimmel im blassen Mondlicht, hören von Ferne ein paar Pferde wiehern und überlegen uns, wie es hier wohl vor dem Sturm ausgesehen haben mag. Viele Palmen haben kaum mehr Blätter, alles ist zerzaust aus und es sieht aus, als ob enorm viel Wasser die Hügel hinunter geflossen sei.

Die Strasse bleibt schwierig zu befahren bis kurz vor San José de Cabo, einem kleinen Städtchen, das ausser einer winzigen Altstadt nicht viel zu bieten hat. Wir brauchen noch ein wenig Lebensmittel und finden am Stadtrand einen „Mega“, der offenbar gerade wieder geöffnet wurde. Überall im Laden ist man noch am Reparieren, es sind noch nicht alle Gestelle eingeräumt, die Einkaufswagen sind wohl geputzt, tragen aber immer noch Spuren die erkennen lassen, dass sie zentimetertief im Schlick gestanden sind. Es ist schier unglaublich, was die Menschen hier an Aufräumarbeiten geleistet haben! In Cabo San Lucas stellen wir unser Auto in einer Seitenstrasse ab und spazieren Richtung Land’s End. Es ist eine richtige Flaniermeile in der Marina, auf der einen Seite Souvenirläden und Restaurants, auf der anderen alle Grössen und Arten von Yachten, allerdings sind auch hier die Odile-Schäden unübersehbar, denn es sind noch längst nicht alle Stege wieder benutzbar und ein Teil der Marina ist leer. Am Nachmittag machen wir uns auf der Weiterfahrt auf die Suche nach dem Playa Pedrito, was sich aber als schwieriger erweist als erwartet. Wir haben natürlich Odile nicht eingerechnet, denn viele Zufahrten zum Meer sind noch nicht aufgeräumt bzw. gar nicht mehr zu finden. Kurz bevor wir nach etwa dem vierten Versuch aufgeben, kommt uns auf der Schotterpiste ein Auto entgegen und wir können fragen. Wir seien schon richtig unterwegs, meinte der Mann, aber etwas weiter müssten wir einfach schauen, wo wir durchfahren können, der von uns gesuchte Strand sei hier unten. Also machen wir uns zum allerletzten Mal auf Richtung Meer und siehe da, mit Müh und Not finden wir einen Weg an den Strand, der vor dem Sturm wahrscheinlich traumhaft war, jetzt mit viel Schwemmholz und entwurzelten Büschen und Pflanzen nicht mehr ganz so intakt wirkt. Aber das Meer ist wunderbar. Schöne grosse Wellen, die zum Surfen einladen würden und eine Farbe, wie wir sie fast nur von den Malediven kennen: Smaragdgrün und glasklar.

Todos Santos, unser nächstes Ziel, haben wir uns grösser vorgestellt. Es besteht eigentlich nur aus einer etwas grösseren Strasse, an der verschiedene Galerien und Souvernirläden und das beeindruckende Hotel California angesiedelt sind. Von den alten Zuckermühlen, die früher in diesem Gebiet in Betrieb waren, ist leider nicht mehr viel übrig aber bei den Ruinen hat eine Familie einen Essstand aufgebaut und verkauft Carne Asado auf Tortillas und andere Leckereien, die gerade vor Ort an den aufgestellten Plastiktischen verzehrt werden. Wir wollen eigentlich noch einmal an den Strand und unternehmen zwei vergebliche Versuche: Am ersten Ort (der im Reiseführer als sehr schön beschrieben ist) wird gerade eine Feriensiedlung gebaut und der zweite Standabschnitt, den wir besuchen, liegt hinter einen hohen Düne und wir können das Auto nicht vernünftig abstellen. Also fahren wir langsam zurück nach La Paz und richten uns ein auf dem Campestre Chametla, der für die nächsten zwei Wochen mehr oder weniger unser „Zuhause“ sein wird. Wir stehen unter Palmen, abseits der Plätze mit Strom und Wasser und der Besitzer hat uns sogar einen zusätzlichen Tisch gebracht weil er fand, wir hätten ein bisschen wenig Abstellfläche zum Kochen und Essen und Lernen.

Weil unser Spanisch-Unterricht erst um elf Uhr beginnt, haben wir keinen Stress am Morgen und beschliessen, es doch gleich am ersten Tag mit dem öV zu versuchen. Wir stellen uns kurz nach neun Uhr an die Haltestelle und nach etwa einer Viertelstunde kommt ein Bus, der zwar nicht so angeschrieben ist wie Urs meint, dass es richtig ist. Er bringt uns aber trotzdem in die Stadt. Die Schule ist nicht schlecht, wir beide sind allein eine Gruppe und kommen gut vorwärts. Als wir nach dem anstrengenden ersten Tag wieder auf den Zeltplatz zurückfahren wollen, sind wir zuerst nicht ganz sicher, ob der Bus am gleichen Ort abfährt wo wir ausgestiegen sind. Sicherheitshalber fragen wir einen Polizisten und warten dann mehr als eine Stunde bis wir endlich einsteigen können! Am zweiten Tag müssen wir noch einkaufen, also nehmen wir das Auto und verbinden den Einkauf gleich mit einem Auswärtsessen im „Tacos del Sur“, einer Empfehlung von Marcela, unserer Lehrerin. Dann ist wieder der Bus angesagt, diesmal erwischen wir eine etwas andere Linie (Centenario) und steigen in der Folge auch an einer anderen, etwas weiter entfernten Haltestelle aus. Kein Problem, wir sind früh genug, um rechtzeitig in der Schule zu sein. Erst als wir an einem Morgen fast eine Stunde warten und immer noch weit und breit kein Bus in Sicht ist, entscheiden wir uns, ab jetzt mit dem Auto zu fahren. Ausser Hausaufgaben machen, waschen, kochen und essen reicht die Zeit unter der Woche nicht wirklich für irgendwelche Aktivitäten.

Um so mehr freuen wir uns am Freitag auf ein Wochenende am Playa Tecolote. Wir verbringen einen ruhigen Samstag hier und am Sonntag klappt es sogar mit einem Ausflug auf die Isla Espiritu Santu. Da ausser uns sind alles mexikanische Touristen auf dem Boot sind, können wir unser neu gelerntes Spanisch gleich üben. Schon nach ein paar hundert Metern sehen wir eine ganze Gruppe Delfine, die sich im tiefblauen Meer tummelt. Die Insel selber ist recht gross und hat ein paar kleine Buchten mit traumhaften Stränden, eine davon mit vielen Mangrovengebüschen, auf denen verschiedene Seevögel, unter anderem die Fregattvögel, die wir von den Galapagos-Inseln her kennen, nisten. Auch hier sind einige Männchen in der Balz und zeigen ihren knallroten Kragen. Etwas weiter entfernt kommen wir zu einer Seelöwen-Kolonie, die schon von weitem am Lärm zu erkennen ist. Hier können wir auch schnorcheln und die putzigen Tiere unter Wasser beobachten. Die Strömung ist recht stark und so ist es nicht ganz einfach, wieder auf’s Schiff zu gelangen, aber schlussendlich sind alle wieder drauf. Auf der Rückfahrt gibt es in einer der smaragdgrünen Buchten Lunch – wir essen unser erstes Fisch-Ceviche und es schmeckt ausgezeichnet, ist leicht und gerade das Richtige an einem heissen Nachmittag.

Wir nützen die letzte Woche in La Paz, um die Billette für die Fähre zu kaufen, und uns so langsam aufs Festland vorzubereiten. Wir haben ein bisschen Respekt vor der Weiterreise und so haben wir uns zu unserer Beruhigung Kleber machen lassen, die jeden darauf hinweisen, dass unser Auto alarmgesichert ist – frei nach der Regel „nützt’s nüt so schadt’s nüt“. Wir geniessen die kleine ruhige Stadt, gehen ab und zu essen– Fisch schmeckt hier ausgezeichnet! – und versuchen, möglichst viel Spanisch (Regeln und Grammatik) „mitzunehmen“. Jetzt wo wir ein paar Grundstrukturen haben, können wir den Wortschatz und das Konjugieren gut auch unterwegs üben. Und sprechen müssen wir bei jeder Gelegenheit, das haben wir bereits festgestellt und es macht Spass.

Am Freitag haben wir unseren letzten Schultag und müssen noch eine kleine Dankesrede vorbereiten – wir bekommen so etwas wie ein Diplom, das die 40 Unterrichtsstunden bestätigt und in der Schule machen sie das jeweils mit einer kleinen Feier in der Pause. Wir überstehen es, müssen die letzte Unterrichtsstunde ausfallen lassen und fahren zum Hafen, auf Chaos und Verspätungen gefasst. Aber dem ist überhaupt nicht so, alles geht zivilisiert, locker und wie am Schnürchen und fast pünktlich fahren wir ab. Urs hat allerdings ein bisschen Stress gehabt weil er unser Truckli rückwärts drei Stockwerke tiefer in der hintersten Ecke parkieren musste. Zufrieden machen wir es uns auf Deck an der Sonne gemütlich und verabschieden uns von der Baja Calfornia, die uns das Einleben in die neue Kultur einfach gemacht hat.

 

Hotel Château FrontenacBaja California

15. Oktober bis 20. Oktober

Der Abschied in Big Sur am Sonntag (12. Oktober) fällt uns nicht ganz leicht. Ein letztes Mal die Hunde ausführen, den Garten wässern und auf dem Balkon Kaffee trinken, dann Lorena umarmen und losfahren, von der Pfeiffer Ridge zur Partington Ridge, wo uns Guge und Jane schon mit einem wunderbaren Schweizerfrühstück mit drei-Minuten-Ei und viel gutem Käse erwarten. Ein letztes Mal die Aussicht geniessen und schliesslich mit Tränen in den Augen auch Guge und Jane auf Wiedersehen sagen.

Unseren letzten USA-Abend verbringen wir in Potrero, einem kleinen Dorf etwas nordwestlich von Tecate, unserem Grenzübergang. Am 15. Oktober reisen wir in Mexico ein. Die Formalitäten halten sich in Grenzen: Beim Grenzbeamten anstehen, Formular holen, an der Bank bezahlen, mit Quittung wieder zum Grenzbeamten, Formular ausfüllen, Stempel drauf und einen in den Pass – fertig. Den temporären Import für unser Truckli können wir leider nicht machen, da hätten wir bis um 12 Uhr warten müssen, und so haben wir doch in La Paz noch etwas zu tun.

Noch schnell ein wenig Geld wechseln und dann sind wir auf der Strasse nach Ensenada. Zügig fahren wir durch schönes Weingebiet südwärts und besuchen als erstes La Bufadora mit Blick auf’s Meer und die Felsspalte, durch die ab und zu eine Wasserfontäne hochsteigt. Nicht wirklich spektakulär, aber der Weg durch den Strassenmarkt mit all den Kitschständen hat sich gelohnt. An der langen Lagune auf dem Weg zurück zur Hauptstrasse übernachten wir auf einem Campground mit Schlösschen und sehr schöner Aussicht, dafür doch eher bescheidenen sanitären Anlagen, zum ersten Mal in Mexico. Dafür ist das WiFi so gut, dass wir den Tatort problemlos und ohne Unterbruch schauen können.

Wir entscheiden uns für einen Abstecher zum Nationalpark Sierra de San Pedro Mártir. Nach den Blechlawinen und dem Verkehr der letzten Tage geniessen wir die sehr einsame Fahrt durch die endlosen Berge – hundert Kilometer mehr oder weniger in die Wildnis auf einer recht guten Teerstrasse. So langsam kommen wir auch emotional in Mexico an. In einem kleinen Dorf unterwegs kaufen wir in einem Tante-Luisa-Laden Wasser und in einer Panaderia wollen wir Brot. Letzteres ist aber noch nicht fertig gebacken und so drehen wir eine Runde die Strasse hoch und wieder hinunter und finden gleichzeitig heraus, was man ungefähr essen könnte und wie man hier wahrscheinlich am gescheitesten einkauft: Früchte am Stand, Brot in der Panaderia, Fleisch – wenn überhaupt – in der Carneria und auch Fischläden gibt es. Der Kulturwechsel kommt rasch, aber wir bewältigen ihn! Und die ersten Spanischversuche sind äusserst erfolgreich. Nur den Soldaten bei der Militärkontrolle bitten wir, englisch zu sprechen...

Im Nationalpark ist es schon früh kühl, befinden wir uns doch schon wieder auf 2'500 m ü.M. und sobald die Sonne von Wolken verdeckt ist oder untergeht, wird es kalt. Wir sitzen in Pullis, langen Hosen und warmen Socken beim Apéritiv draussen. Unsere selbstgebastelten Margaritas (halt ohne gehacktes Eis) schmecken super und das Znacht mit Grillfeuer (das uns beim Essen noch ein bisschen wärmt) ebenfalls: Wieder einmal, der Temperatur angepasst, Risotto und dazu dünn geschnittene Schweinskoteletts vom Grill.

Am nächsten Morgen fahren wir auch noch die 16 km zum Observatorium und werden am Tor von einem Mitarbeiter abgeholt, der uns die ganze Anlage zeigt. Er ist unglaublich stolz darauf, dass alles von Mexikanern gebaut wurde und es sich um das weltweit viertgrösste Observatorium handelt. Wir haben nicht so viel von all den Geräten verstanden, geniessen aber eine wunderbare Aussicht in alle Richtungen. Dann geht es die kurvenreichen hundert Kilometer zurück durch die Berge. Wir wetten, ob wir auf den ersten 50km zwei oder drei Autos begegnen würden und haben beide verloren: Kein einziges Auto ist uns entgegen gekommen. Etwas ausserhalb von San Quintin fahren wir zu "Fidel’s Campground". Er freut sich, Gäste zu haben (wir sind die Einzigen) und weil wir noch Brot kaufen müssen, erkundigen wir uns gleich bei ihm nach der nächsten Panaderia. Wie vermutet, müssen wir noch einmal zurück ins Dorf, denn da draussen gibt es gar nichts. Wir nützen die Gelegenheit und besichtigen gleich alle Supermärkte, die uns begegnen. Naja, sie sind schon anders als wir es von den USA gewohnt sind, aber wir werden uns schon zurechtfinden.

Am Abend beobachten wir an „unserem“ Strand die Fischer, die in Neoprenanzügen mit Netzen in die Brandung hinaus waten, das Netz auswerfen und es dann zurück ans Ufer ziehen. Keine schlechte Methode, es befinden sich immer Fische im Netz, die sorgfältig gelöst und in einem Kübel gesammelt werden.

Die Dusche (hot shower!) am nächsten Morgen ist etwas abenteuerlich, aber mit genügend Zeit kann man das Shampoo auch unter einem eher als Rinnsal denn als Dusche zu bezeichnenden Wasserstrahl ausspülen. Ausgeschlafen und sauber fahren wir weiter südwärts und schon bald beginnt sich die Landschaft zu verändern. Die kahlen Hügel sind immer dichter mit Kakteen bewachsen und mit der Zeit haben wir das Gefühl, durch einen riesigen wunderschönen Kakteenpark zu fahren. Wir können uns fast nicht satt sehen an den Farben und Formen. Hellgrün, dunkelgrün, silbergrün, flaschengrün, tannengrün, lindengrün... so viele Grüntöne an einem Hügel, man kann sie kaum beschreiben. Nach der Abzweigung nach Bahia de los Angeles sehen wir die Reste vergangener Unwetter. Die Strasse ist teilweise weggeschwemmt und die Hügel sind mit einem zarten Frühlingsgrün überzogen wie sie es nur sind, wenn es viel geregnet hat. Es sieht wahnsinnig schön aus, aber auch im Dorf selber finden wir die Spuren der schweren Regenfälle. Bis zu den Häusern sind die Schlammlawinen gekommen und der Zeltplatz, auf dem wir schliesslich übernachten, ist ebenfalls noch nicht ganz instand gestellt. Das überall beschriebene gute Restaurant fehlt ganz und der Strand ist mit angeschwemmtem Material übersät. Eigentlich wollten wir noch Brot kaufen und uns im Dorf umsehen, aber da der Weg sehr sehr sandig ist und wir ja endlich einmal unser Pfannenbrot probieren sollten, verzichten wir darauf und bleiben wo wir sind. Zum Znacht gibt’s Spaghetti und für’s Zmorge Brot aus der Pfanne (riechen tut es gut, wie’s dann ist, sehen wir). Als wir so beim Essen sitzen müssen wir lachen: In Mexico gehen wir dann ab und zu essen... von wegen, auch hier kochen wir auf unserem alten Benzinkocher und auf die touristische Infrastruktur warten wir noch ein bisschen.

Wir verbringen auch den nächsten Tag hier am Strand und sehen, dass die Unwetter auch weiter hinten alles weggefegt haben und der Wiederaufbau noch nicht wirklich begonnen hat. Das Hotel ist beschädigt und geschlossen, die Zufahrt weggeschwemmt und mit Sand zugedeckt und Restaurants gibt es nur noch im Zentrum. Wir fahren etwas später doch noch ins Dorf, um Benzin zum Kochen zu kaufen, denn das Brot backen dauert doch seine Zeit und so brauchen wir etwas mehr Sprit als normal. Es schmeckt sehr gut, unser Pfannen-Vollkornbrot. An der Tankstelle erkundigen wir uns, ob die Strasse dem Meer entlang befahrbar sei, denn wir möchten wieder ein wenig abenteuerlicher unterwegs sein als nur auf den Teerstrassen. Der Mann an der Kasse meinte, das sollte kein Problem sein, vor allem nicht mit unserem Auto und so wagen wir am nächsten Morgen den Versuch.

Es ist eine unglaublich schöne Fahrt, die wir da unternehmen. Die Hügel und Berge sind wie mit einem frühlingsgrünen Samtteppich überzogen und die Orgelpfeifen der Saguaro-Kakteen stehen skurril vor diesem Hintergrund. Die Strasse ist wirklich abenteuerlich: mal ist sie steinig und kurvig, dann wieder fast weggeschwemmt, schräg und holperig und streckenweise tiefsandig und eng. Die Landschaft ist einmalig. Wir fahren durch parkähnliche Gebiete mit verschiedensten Kakteen, gelben und rosaroten Blümchenteppichen, grünem Gras und ab und zu Aussicht auf die Sea of Cortez. In San Rafael (kein Ort, sondern einfach eine Fischerhütte) fahren wir an den Strand und fragen den Fischer, ob wir hier übernachten können. Selbstverständlich können wir und es dauert keine zehn Minuten, haben wir schon eine Fischrute und frische Heilbuttfilets im Kühlschrank – kosten tut es nichts. Wir geniessen den Nachmittag an unserer Privatbucht und obwohl sich Urs gut macht mit der Fischrute bis zum Bauch im Wasser, fangen wir weder einen Heilbutt noch sonst einen Fisch. Das tun dafür die Pelikane und wir begnügen uns mit Zuschauen.

 

Achtung, Militärkontrolle!

FlötenspielerOffenbar herrscht beim Militär Spardruck! Anstelle der in den USA an jeder Baustelle stehenden Flaggen-Männer stellen sie iher in Mexiko bei den Militärkontrollen einfach eine schön angezogene Kartonfigur auf und der Wind sorgt für das Winken...

Wir haben viel gelesen über die allgegenwärtigen lästigen Militärkontrollen überall auf den Strassen. So werden sie also angekündigt und wir haben bis jetzt immer nur sehr freundliche, manchmal neugierige und immer hilfsbreite Soldaten getroffen. Pässe haben wir bisher nie zeigen müssen, die kopierten Fahrausweise genügten.

 

Truckli temporär eingeführt!

FlötenspielerMit diesem Dokument ist es amtlich: Unser Truckli darf nun theoretisch für zehn Jahre hier in Mexico sein.

 

Was soll denn das?

FlötenspielerNach dem Einfuhrprozedere beschliessen wir, mit Rovedas noch etwas trinken zu gehen am Malecón, fahren wieder ins Zentrum und parkieren am linken Strassenrand. Als wir nach dem Kaffee zurück kommen, stellt Roman fest, dass jemand sein Nummernschild geklaut hat – und auch uns fehlt eines! So doof aber auch!

Dann sehen wir die Zettel an der Windschutzscheibe und uns schwant nichts Gutes. Richtig: Wir haben Bussen wegen falsch Parkierens! Roman hätte gewusst, dass man so nicht parkieren darf, wir hatten keine Ahnung, denn wir sind ja auch in der Schweiz kaum mit dem Auto unterwegs...

Zunächst stehen wir etwas ratlos am Strassenrand, sehen dann aber an der Ecke den Polizisten mit unseren Nummernschildern unter dem Arm. Er erklärt uns, in schnellem Spanisch natürlich, was wir falsch gemacht haben und warum wir die Busse bekommen haben. Wie hoch sie ist, wissen wir aber auch nach langen Diskussionen und Erklärungen nicht. Das Einzige was klar wird: Wir müssen zum „Transito“, einem Büro am Stadtrand und dort die Busse bezahlen. Erst dann bekommen wir unsere Nummernschilder wieder.

Der Polizist zeigt uns den Weg auf dem Stadtplan und wir fahren los. Es dauert gute zwanzig Minuten, bis wir da sind, dann gehen Urs und Roman bezahlen. Die Busse kostet kaum zehn Franken und auch das geht ziemlich zügig, aber dann warten wir mehr als eine Stunde auf die Schilder, die von einem Motorradkurier aus dem Stadtzentrum hierher gebracht werden. Zeitaufwand: Alles in allem gute zwei Stunden... Aber jetzt wissen wir wenigstens, wie das funktioniert!

Nach diesem Abenteuer verabschieden wir uns vorläufig von RoMoRiZoNi’s. Wir wissen nicht, ob wir sie noch einmal antreffen werden, denn sie sind schneller unterwegs als wir.

 

Typisch Taco ...

Flötenspieler... oder Burrito oder Huaracha oder Gordita oder oder oder... Essen im Mexico ist immer ein soziales Ereigns, immer ein bisschen abenteuerlich, weil wir es noch nicht gewöhnt sind, und immer schmeckt es wunderbar. Am besten an solchen Ständen, wo man gleich zuschauen kann, wie das Essen zubereitet wird. Notfalls kann man auch fragen, wie man es denn am Besten isst ;-) Auf jeden Fall brauchen wir immer Unmengen an Servietten...

 

Hablamos Español!

FlötenspielerUnsere Dankesrede an der Diplomfeier:
Las dos semanas passadas estuvimos en la Paz y ahora tenemos que despedirnos de
„Se Habla...“ y de la Paz. La cosa más importante qué tenemos es el ánimo por hablar español.
Gracias Marcela por los muchos ejemplos prácticos de la vida mexicana. Esperamos que
las sodas funcionen. Gracias Jassiel por tus presentationes interessantes y la informacion sobre la cultura de Mexico. Gracias Alexa que podimos sacar provecho de tus ricas experiencias. Tus ejemplos fueron muy utiles! Gracias a „Se Habla...“ por la hospitalidad. Viajaremos al interior de la republica, central america, sur america y cada día hablaremos español.

 

 

 

 

 

 





 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Neue Einkaufskultur

FlötenspielerMit dem Grenzübertritt verändert sich irgendwie auch wieder unser ganzer Reisealltag. Wieviel sind 39 Pesos schon wieder? Ist das teuer? Was heisst Mehl? Wie kauft man nur sechs Eier statt die abgepackten dreissig? Welches Brot ist wohl am wenigsten süss? Die Früchte und das Gemüse im Laden sehen nicht wirklich frisch aus - man kauft sie auch nicht dort, sondern am Gemüse/Früchtestand an der Strasse! Das Brot gibt es in der Panaderia und die Tortillas in der Tortilleria. Nur in eine Metzgerei haben wir uns noch nicht gewagt...

Das auswärts Essen haben wir uns auch eher einfacher vorgestellt. Da, wo wir übernachten, gibt es keine Restaurants oder Taco Stände oder was auch immer, teils weil der Hurrikan wirklich vieles zerstört hat und teils weil die schönen Schlafplätze eher etwas abseits liegen. Aber wir kommen schon noch dazu!