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Nach einer Irrrunde durchs Quartier in Campeche erreichen wir die Hauptstrasse und sind wieder unterwegs, nun zu den Ruinen von Uxmal. Am Mittag machen wir Halt in einem kleinen Dorf und nach einem kurzen Rundgang und erfolgloser Suche nach einem Restaurant fragen wir wo wir hier etwas essen können. Am äussersten Dorfrand etwa drei Kilometer entfernt, soll es ein Hotel geben. Wir fahren mit der Motorrikscha hin und bestellen den Fahrer auch gerade für die Rückfahrt. Auch das muss man einmal gemacht haben, vor allem wenn man mit Helmut unterwegs ist. Ihm schwebt ja immer noch eine Reise mit der Motorrikscha von Indien nach Deutschland vor – und wir werden uns nicht wundern, wenn er sie in die Tat umsetzt. Rechtzeitig zur abendlichen Sound-and-Light-Show erreichen wir dann unser Ziel. Die Show ist schön, aber für den Text, der sehr dramatisch dazu erzählt wird, sind unsere Spanischkenntnisse denn doch zu spärlich. Schade, die Übersetzung am Eingang haben wir verpasst. Am Morgen früh bevor alle Touristenbusse eintreffen spazieren wir bereits in der grossen weitläufigen und gut erhaltenen Maya-Stätte herum und stören die Leguane beim „sünnelen“. Die Souvenirstände sind noch nicht aufgebaut und es liegt eine schöne Morgenstimmung über den Ruinen.
Auf unserer Weiterfahrt häufen sich die Schilder, die auf die hier sehr zahlreich vorkommenden Cenotes (unterirdische, mit Süsswasser gefüllte Kalksteinlöcher) hinweisen. Wir wollen aber zu jenen in der Nähe von Cuzama, dort kann man gleich drei besichtigen und wird auf einem von Pferden gezogenen Schienenwagen hingefahren – das wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Wir kommen auf dem Platz an und sind die einzigen Autos die hier stehen, obwohl es noch nicht spät am Nachmittag ist. Unter den Palapas sehen wir viele bunte Wagen, in den Büschen ringsum Pferde, und etwa zwanzig Maya-Männer mit langen Gesichtern. Einer von ihnen kommt uns entgegen und erklärt, dass es heute keine Fahrten zu den Cenotes gibt und morgen auch nicht. Wir geben nicht so schnell auf und sind am nächsten Morgen am Warten, als plötzlich Bewegung in die Männer kommt: Es werden Wägelchen aufs Gleis gehievt, die Naben geschmiert, ein Pferd eingespannt und wir können aufsitzen. Es geht los. Wir werden von drei anderen Männern auf Fahrrädern begleitet und verstehen zunächst nicht warum, dann sehen wir es aber: Sie helfen den Schienenwagen über die schienenlose Strecke zu ziehen und zu schieben. Als das Hindernis überwunden ist, geht es abenteuerlich weiter. Edda hat ein bisschen Angst weil sie weiss, mit welcher Kraft ein Pferd in die falsche Richtung ziehen kann, aber Urs beruhigt sie und meint, da könne nichts passieren, die Schienen, auch wenn sie holprig sind, seien gut befestigt. Quietschend, rumpelnd und holpernd nehmen wir jede Weiche und Paloma, das Pferd, zieht uns ohne Probleme von Cenote zu Cenote und wieder zurück. Obwohl wir die Badesachen nicht mitgenommen habe, nehme ich im letzten und grössten der Becken ein kurzes Bad – in Unterwäsche halt. Superschön und ganz erfrischend, an die Fledermäuse denke ich dabei nicht...
Zurück bei unseren Autos verabschieden wir uns von den sehr netten Fahrern und wünschen ihnen alles Gute mit ihrem Unternehmen. Bis nach Izamal ist es nun nicht mehr weit und wir geniessen die Fahrt mit heruntergekurbelten Fenstern durch kleine Dörfer, wo uns die Menschen freundlich grüssen und winken. Haralds Hotel liegt am Stadtrand und wir haben zwei schönen Plätzchen, eine superwunderbare Dusche, sehr saubere Toiletten und Internet– purer Luxus nach den letzten Tagen! Am Abend gibt’s zur Belohnung Schnitzel bei Harald. Heute sollte auch unsere DHL-Post ankommen, denn im Internet haben wir gesehen, dass sie in Auslieferung beim Kurier ist. Wir warten bis spät am Abend vergeblich. Und am nächsten Morgen steht zu lesen, dass der Empfänger nicht zu Hause gewesen sei... Wir verbringen einen Tag in Mérida, das von hier aus mit dem Collectivo gut zu erreichen ist. Der Minibus fährt bis ins Zentrum und wir bummeln durch Strassen und Gässchen, finden die Stadt aber nicht so gemütlich, da die Strassencafés fehlen und es keine Fussgängerzone hat. Aber Hängematten sehen wir tausende, kaufen jedoch (noch) keine weil wir nicht so recht überzeugt sind von der Fein- bzw. Grobheit der Geflechte. Müde kehren wir am Abend zurück und beschliessen morgen weiterzufahren und eine Yukatán/Quintana Roo Tour zu machen, da wir ja ausser auf unseren Stossdämpfer auch noch auf unsere Kreditkarte warten, die uns Arthur ein paar Tage später geschickt hat.
Nach dem Einkaufen in der Bodega Aurora (insgeheim nennen wir sie landwirtschaftliche Genossenschaft), dem Autowaschen, Gas- und Wasserauffüllen, fahren wir los, wieder über kleine Strassen, durch Dörfchen mit freundlichen Menschen und vielen Topes, die unsere Konzentration strapazieren. Die Ruinen von Chichén Itzá sparen wir uns für morgen und übernachten sehr nah an der Strasse beim Hotel Pyrámide. Der Garten mit Pool ist auch hier in die Jahre gekommen, aber den Apéro geniessen wir unter den schattigen Bäumen abseits des lärmigen Verkehrs. Für eine Nacht geht’s, länger möchten wir aber nicht hier bleiben.
Am Morgen stehen wir zeitig auf (ist bei dem Verkehrslärm keine besondere Anstrengung) und fahren das kurze Stück zum Eingang der berühmten Maya-Stadt. Es hat noch keine Cars und wir können quasi durch marschieren, Tickets lösen und mit dem Staunen beginnen. Die grossartige Anlage ist weitläufig und imponiert uns. Da es noch recht früh ist am Morgen, wuseln überall Souvenirverkäufer aus dem Dschungel ringsum, tragen Holzbalken und Bretter für ihre Stände und bringen ihre Ware zum ausstellen. Eigentlich ganz gut, dass alles noch nicht so ganz bereit ist, denn normalerweise hat man nach dem dritten Stand das gesamte Angebot von hunderten von Auslagen gesehen – es ist immer gleich. Wir verbringen viel Zeit mit Herumspazieren, schauen, uns vorstellen, wie es war, damals. Als wir wieder zum Ausgang kommen haben sich riesige Menschenansammlungen und Schlangen an den Ticketschaltern gebildet. Jetzt würde es wohl schwierig werden mit einem Foto ohne Touristen drauf...
Wir fahren weiter an den Karibikstrand! Und der ist weiss, das Wasser leuchtet türkisgrün bis dunkelblau, paradiesisch! Nicht einmal die Wellen und das Seegras halten uns vom Bad ab. Der Platz ist eigentlich mehr ein Parkplatz und liegt hinter einer Düne, aber wir können uns gut einrichten – bis der Parkwächter weitere Tagestouristen einweist und wir knapp noch die Seitentüre öffnen können. Naja, als am zweiten Abend eine Gruppe Studenten ihre Zelte auf der Düne aufschlägt ist es auch mit der Ruhe vorbei und die einzige Dusche bzw. die drei Toiletten, die es auf dem Platz gibt, sind für die nächste Zeit besetzt. Aber ein Nachtessen in der Stadt muss schon noch sein und wir nehmen uns ein Taxi. Tulum ist ein richtiges Touristenstädtchen, das Essen schmeckt sehr gut (wie an den meisten Touristenorten) und die Boutiquen haben schöne Kleider – wenn wir nur mehr Platz hätten im Truckli...
Der Abschied fällt uns nicht schwer und die nächste Etappe nach Xpu Ha ist nicht weit. Wir können unter Palmen stehen, haben angenehmes Licht und genügend Platz für einen sehr gemütlichen Abend, zum vorläufig letzten Mal zu viert mit Edda und Helmut. Wir feiern auch entsprechend, zum Schluss halt noch mit black Ramazotti. Als wir dann sehen, wie blau unsere Zungen davon sind, können wir uns kaum erholen vor Lachen. Ja, es war ein wunderschöner Reiseabschnitt mit Tanners, wir werden sie vermissen. Urs und ich verbringen einen weiteren Karibiktag am schönen Strand und faulenzen abwechslungsweise am Schatten, in der Sonne und im Wasser, bis uns der Wind zu kühl wird.
Die ganze Küste von Tulum bis Cancún ist mehrheitlich mit Hotels überbaut, man sieht sie nicht immer von der Strasse aus, aber viele Zufahrten sind gesperrt. Nur ganz selten steht ein Schild, wonach der Strand öffentlich zugänglich sei und dies, obwohl in Mexico per Gesetz alle Strände öffentlich sein sollen. Wir nähern uns der Hotelzone von Cancún und die Bäume, Palmen und Gebüsche machen den Hotelklötzen Platz. Alles ist verbaut, schön ist es nicht. Playa Delfines ist wohl der einzige Strand, den man als Nicht-Hotelgast besuchen kann, ohne eine Lobby oder sonst einen pompösen Eingang passieren zu müssen. Wir fragen den Parkwächter, ob wir hier auch über Nacht stehen können – er strahlt uns an und erklärt, dass dies kein Problem sei. Nur das Auto dürfen wir nicht allein lassen in der Nacht, sonst werde es aufgebrochen. Aber wir könnten ja noch ein bisschen näher beim Polizeiposten parkieren wenn die Strandbesucher gegangen seien. Wir zweifeln ein wenig, gehen dann aber an den Strand (jetzt wird das Auto ja noch gehütet) Am Abend parkieren wir um. Zum Kochen ist es hier nicht, einerseits ist es zu windig, andererseits kommen und gehen immer noch viele Autos und so essen wir kalt – im Soriana haben wir ja schliesslich frisches Baguette, Käse und Terrine gekauft. Der Parkwächter verabschiedet sich bei Einbruch der Dämmerung, wünscht uns eine gute Nacht – und wird gleich abgelöst vom Polizisten welcher nun seine Runden dreht. Auch er kommt auf einen Schwatz vorbei und verspricht, gut auf uns aufzupassen. Wir können also ganz beruhigt schlafen gehen. Wir sind kaum unters Leintuch gekrochen, bricht ein Gewittersturm über uns her und wir sind mehr als froh, haben wir das Truckli so gut in den Wind gestellt.
Als wir am Morgen unsere Hecktüre öffnen, fehlt unser Trittli zum Einsteigen und als wir das Frühstücksgeschirr abwaschen wollen, stellen wir fest, dass auch das gelbe Schwümmli abhanden gekommen ist. Offenbar hat da jemand rund um unser Auto aufgeräumt und alles Brauchbare mitgenommen.
Gegen Abend erreichen wir die Hacienda Santo Domingo in Izamal wieder und sind gespannt, ob unsere Kreditkarten mittlerweile angekommen sind. Im Internet haben wir gesehen, dass sie bereits am Sonntagabend in Mérida waren. Am Freitag sehen wir im Internet den magischen Satz: „Sendung ist in Auslieferung“. Wir warten und warten auch um 22 Uhr noch – kein Kurier. Am Morgen lesen wir dann wieder das schon bekannte Geschichtli. Wir wissen nicht so recht, was wir sollen. Ziemlich kleinlaut frühstücken wir und ziehen in Erwägung, nach Mérida zu fahren und im einzigen offenen Büro nachzufragen. Harald meint aber, dass das nur eine Annahmestelle und die Wahrscheinlichkeit gering sei, dass wir unsere Sendung dort finden würden. Am Samstagmorgen schaue ich nach dem Abwasch noch einmal ins Internet und siehe da, die Sendung ist wieder in Auslieferung. Um uns die Zeit zu verkürzen, machen wir einen Spaziergang ins Dorf, kaufen Brot und Seile zum Aufhängen unserer neuen Hängematte, setzen uns dann auf den Hauptplatz und schauen dem bunten Treiben zu. Da sehen wir das DHL-Auto, der Fahrer fragt nach dem Weg. Ich stehe auf und frage, ob er Santo Domingo sucht. Er sucht. Ich erkläre ihm, dass wir auf genau den Brief warten, den er in der Hand hält und ohne zu zögern händigt er ihn mir aus, fragt noch nach dem Namen und fertig ist die ganze Geschichte. Super! Morgen geht’s weiter und heute essen wir zur Feier des Tages noch einmal bei Harald.
Am Morgen sind wir früh dran, wir wollen bis kurz vor Chetumal fahren und wissen nicht, in welchem Zustand die Strassen zur mehr als 300 km entfernten Laguna Bacalar sind. Die Strecke ist gut zu fahren, eintönig halt, nur Sträucher links und rechts. Am Nachmittag lichtet sich nach und nach das Dickicht und gibt den Blick frei auf eine schöne blaue von Feldern umgebene Lagune. Nach weiteren vierzig Kilometern erreichen wir die Ortschaft Bacalar und machen eine Pause. Wir stellen fest, dass wir den ersten Stellplatz schon lange hätten anfahren müssen, also suchen wir jenen hier im Ort. Nach einigem Hin und Her finden wir ihn – es ist aber jetzt kein Zeltplatz mehr und wir können hier nicht stehen. Also wird es doch noch Chetumal. Wir kaufen im Chedraui noch schnell Brot ein und fahren dann auf den RV Park direkt am Meer, welches eher wie ein grosser See wirkt. Und wer steht auch hier: Die Tanners! Helmut hat gerade eine Lasagne im Omnia-Backofen fertig und wir sind zum Essen eingeladen. Perfekt, besser hätte man es nicht timen können! Und die Lasagne schmeckt himmlisch!
Am Morgen ist erneut Abschiednehmen angesagt. Tanners fahren Richtung Belize weiter. Wir hängen unsere neue Hängematte zwischen zwei Palmen und bleiben auf dem schönen Platz um wieder einmal so richtig zu faulenzen. Am nächsten Tag gehen wir ein letztes Mal einkaufen in Mexiko und decken uns mit allem ein was wir zu schätzen gelernt haben: gute Butter, Konfitüre, Kaffee, Wein etc., immer in der Hoffnung, sie schauen dann nicht so genau an der Grenze. Wir gönnen uns noch einen Hängematten-Tag, aber die Ruhe wird am Nachmittag von einer Riesen Reisegruppe mit Ungetümen von Wohnmobilen beendet. Fast zwei Stunden brauchen sie, bis alle einen Platz (von Plätzchen kann man da nicht reden) gefunden haben und wir sind richtig eingekreist von ihnen. Und alle haben sie mindestens einen Hund, viele deren zwei und alles sind Amerikaner, das heisst, sie haben nicht nur ein WoMo, sondern schleppen auch noch ein Auto hinterher. Uns sind die Verlängerungs-Gelüste total vergangen und so stossen wir auf das wunderschöne Mexico an und beginnen so langsam, uns von diesem magischen Land voller Gegensätze und unterschiedlicher Gegenden zu verabschieden. Adios Mexico, wer weiss, vielleicht sehen wir dich wieder irgendwann!
Nun geht es wieder in’s Landesinnere und Richtung Berge. Diesmal haben wir weit zum Fahren jedoch ist die Landschaft abwechslungsreich und bald sind wir wieder in den Bergen mit den seltsamen Bäumen ohne Blätter dafür mit leuchtend gelben Blüten. Wir übernachten bei einem Kinderheim in der Nähe von Tuxtla und treffen auf eine fröhliche Kinderschar. Das iPad wird schnell in Beschlag genommen. Die Kinder, meistens aus ganz armen Verhältnissen oder aber Waisen, wohnen hier in kleinen Gruppen und gehen im Dorf zur Schule. Das Heim ermöglicht ihnen eine Ausbildung und so haben sie einen verhältnismässig guten Start ins Erwachsenenleben. Wir haben einen sehr guten Eindruck von der Institution Hogar Infantil, die sich zum Ziel gesetzt hat den Teufelskreis der Armut durch Bildung zu durchbrechen und damit auch Erfolg hat. Hier lohnt sich eine Spende!
Am Morgen begrüsst uns anstelle der Sonne dicker Nebel und wir fahren ins nahegelegene Tuxtla zum Fähranleger für die Fahrt durch den Cañón de Sumidero, der eigentlich ein Stausee ist. Er ist nicht gar so eng, wie wir uns das vorgestellt haben und die Wasserfälle haben praktisch kein Wasser. Dort wo Wasser aus den Felsen dringt, bilden sich schöne grünpelzige Gebilde, eines davon sieht aus wie ein Weihnachtsbaum. Ab und zu hat es Teppiche aus Müll, der von Tuxtla in den Fluss gespült wird. Trotzdem sehen wir allerlei Wasservögel, Krokodile und an einer Stelle turnen Affen durch die Bäume in Ufernähe.. Die Fahrt lohnt sich, ist jedoch nicht überwältigend – wir sind halt wirklich sehr verwöhnt was Naturschönheiten betrifft. Am späteren Nachmittag erreichen wir den Stellplatz in San Cristóbal und hier haben sich auch Tanners niedergelassen. Zeit für einen Apéro!
Das alte Kolonialstädtchen San Cristóbal ist gemütlich und lebhaft, es erstrahlt in allen Regenbogenfarben. Die Häuser sind bunt und überall stehen Souvenirstände, deren Ware im Sonnenlicht leuchtet. Alle wollen sie etwas verkaufen und wir haben doch so wenig Platz im Truckli! Für ein Magnetpüppchen reicht es aber schon. Auch am Abend ist viel Leben in der Stadt und die italienische Pizza schmeckt ausgezeichnet!
Bevor wir die Gegend um San Cristóbal verlassen, fahren wir nach San Juan Chamula nordwestlich der Stadt, wo eine unabhängige Gruppe der Tzotzil lebt. Wir parkieren am Dorfeingang und spazieren auf der Strasse, die links und rechts gesäumt ist mit Souvenirständen, Richtung Kirche. Auf dem grossen Platz vor der Kirche wird wohl der sonntägliche Wochenmarkt abgehalten, jetzt sind die Stände leer, nur vereinzelt sind Garküchen offen, die gut schmeckende Empañadas verkaufen. Der Templo de San Juan, eine kleine weisse Kirche mit bunt bemalten Torbogen leuchtet uns schon von weitem entgegen. Wir lesen das Schild am Kircheneingang wonach fotografieren verboten ist und packen die Kamera halt in den Rucksack, dann treten wir ein. Uns stockt beinahe der Atem und der Mund bleibt offen stehen. Die ganze Kirche ist mit tausenden von Kerzen beleuchtet, der Boden mit Grünzeug bedeckt und vollständig mit weissen Blumen geschmückt. Ringsum an den Wänden reiht sich Strauss an Strauss, auch am Boden stehen überall Vasen mit weissen Blumen. Überall verteilt sitzen Gruppen von Menschen auf dem Boden nah beieinander, dazwischen jeweils ein Huhn und eine Frau, die ein Ritual auszuführen scheint. Auch an Erfrischungen fehlt es nicht, die Cola-Dosen, die ab und zu die Runde machen, wirken ein wenig sonderbar in dieser urtümlichen Stimmung, die durch dicke Weihrauchschwaden noch intensiver wirkt. Die Frauen tragen bunte Blusen und Stolen, die manchmal um den Kopf gebunden, oft auch nur über die Schultern gelegt sind, und so etwas wie schwarze Fellröcke, wahrscheinlich aus Wolle, aber irgendwie sieht es aus wie ein Fell, die Männer ebensolche Tuniken. Noch während Helmut und ich darüber sprechen, ob hier wohl die Hühner gesegnet werden, damit sie schön legen, nähert sich bei einer solchen Gruppe wohl der Höhepunkt des Rituals. Die Heilerin nimmt die Henne, streicht damit über Kopf, Schultern und Rücken der neben ihr sitzenden Frau, murmelt irgendetwas und zack, dem Huhn ist das Genick gebrochen. Es flattert noch kurz mit den Flügeln, die Heilerin hat es aber voll im Griff und es kommt keine Hektik auf. Bei der nächsten Gruppe ist wohl ein Mann der Hilfesuchende, denn hier wird ein Hahn geopfert. Helmut und ich bewegen uns langsam in den hinteren Teil der Kirche, wo Renovierungsarbeiten zur Feier des heiligen Sebastian im Gange sind. Noch ganz benommen vom eben Gesehenen lassen wir uns zu einem Glas Mezcal, der hier freigebig ausgeschenkt wird, einladen. Auf den Rückweg wieder durch die sitzenden Gruppen sehen wir, dass das Prozedere beim Mann wohl wirksam ist. Er erbricht sich auf jeden Fall und so nehmen wir an, dass sein Leiden sich so von seinem Körper verabschiedet. Noch ein bisschen entrückt von dieser Mystik, treten wir wieder ins Tageslicht.
Noch immer ganz gefangen von dieser Szenerie fahren wir weiter durch eine wunderbare Dschungellandschaft bis nach San Cristóbalito la Cascada. Wir dürfen hier übernachten und haben es daher nicht eilig, die Wasserfälle zu besichtigen. Erst am nächsten Morgen machen wir die Wanderung dem Río San Vicente entlang, welcher immer steiler daher kommt, schöne Kaskaden, ab und zu einen kleinen Wasserfall bildet und uns schlussendlich als Velo de Novia (Brautschleier) über einen hohen Felsen entgegenkommt.
Unser nächstes Ziel ist die Gegend der Lagos de Montebellos in der Nähe der guatemaltekischen Grenze. Leider ist es ziemlich stark bewölkt und ab und zu gibt es ein paar Regentropfen. Wir staunen ein wenig, als wir beim Aussichtspunkt auf die Laguna Tziscao sehen, dass am anderen Ufer viele Bäume im Wasser stehen. Da irgendwo sollte doch der Platz sein, auf dem wir übernachten wollten?? Als wir um die Lagune herumgefahren sind, stellen wir fest, dass der ganze Platz unter Wasser steht und die Lagune um etliche Meter „gewachsen“ ist. Mit wir können auf dem (nicht wirklich schönen) Hotelparkplatz stehen und staunen ob der Freundlichkeit der Menschen hier, deren ganze Existenz mehrheitlich unter Wasser steht. Die letzten drei Monate hat es hier unaufhörlich geregnet, erzählt der Besitzer, und schon in den Jahren zuvor war der Wasserpegel auch in der Trockenzeit höher als üblich. Uns tun die Menschen leid, die so viel in ihren schönen Platz investiert haben. Wir verzichten an diesem Abend aufs Kochen und essen im Restaurant, welches trotz allem geöffnet hat.
Durch eine mehrheitlich wolkenverhangene Landschaft führt unser Weg nach Las Nubes in ein kleines Paradies mit Stromschnellen und Wasserfällen umgeben von Urwald. Wir erwischen zuerst die falsche Abzweigung und die Strasse endet nach ein paar Kilometern an einer Hängebrücke über den Río Santo Domingo, der wegen der starken Regefälle unglaublich viel Wasser führt und ungestüm über Felsen und Klippen tost. Wir überqueren sie und befinden uns in einer Ferienanlage mit hübschen Cabañas. Hier können wir beim Eingang stehen – aber zuerst heisst es zurück- und auf der anderen Seite des Flusses wieder hochfahren. Vom Mirador auf einem Hügel – der Weg dorthin führt durch dichten Dschungel – haben wir eine Superaussicht auf Fluss und Urwald, ab und zu bilden Gischt und Sonne einen Regenbogen, der durch das üppige Grün leuchtet.
Nach einer ruhigen Nacht am Fluss sucht Helmut zunächst eine Route durch den Dschungel. Nach etlichen Kilometern abenteuerlicher Fahrt können wir ihn zu Dritt überreden, umzukehren und auf der Hauptstrasse weiter zu fahren. Überzeugt ist er nicht, dass es da keinen Weg gegeben hätte, aber unserer Übermacht kann er nicht standhalten. Die Gegend hier wirkt arm, die Menschen leben von karger Landwirtschaft in den grasbewachsenen Hügeln, die sie wahrscheinlich dem Dschungel hier abgetrotzt haben. Die Wolken hängen tief und der eher spärliche Sonnenschein ist nie von langer Dauer, trotzdem bekommen wir einen guten Eindruck von der Freundlichkeit der Menschen und der Schönheit der Landschaft. In Reforma Agraria hoffen wir, die roten Aras zu Gesicht zu bekommen, aber wir sehen leider nur solche in Gefangenschaft, dafür gibt es dem Fluss entlang jede Menge Brüllaffen, die sich lautstark bemerkbar machen oder aber als braune Knäuel in den Bäumen schlafen. Nach einigem Suchen finden wir einen Übernachtungsplatz auf dem wir nicht ganz im Matsch versinken. Die Besitzerin schliesst uns eine Toilette und eine Dusche auf und zeigt uns stolz den Rest ihres Anwesens. Alles ist sehr einfach, aber es genügt. Mit Helmuts Brüllaffengulasch beschliessen wir den Abend, sind froh um unser trockenes Plätzchen unter den Bäumen, schauen den tausenden von Glühwürmchen zu, die die ganze Wiese bevölkern und hören im Bett noch eine ganze Weile den Brüllaffen in der Ferne zu, die offenbar wieder zum Leben erwacht sind.
Die Strasse nach Frontera Corozal ist nicht schlecht, aber einigen Stellen von den starken Regenfällen so unterspült, dass es grosse Schlaglöcher und ab und zu mal links und rechts Abrisse hat, die man sorgfältig umfahren muss. Wir fahren langsam und aufmerksam und erreichen die Grenzstadt am Fluss, der Mexico von Guatemala trennt, ohne Zwischenfälle. Die Polizeikontrollen sind hier in der Gegend etwas häufiger, die Polizisten aber ausnahmslos freundlich und zuvorkommend, ein wenig neugierig und sie haben immer Freude, wenn wir unser Spanisch an ihnen ausprobieren. Im kleinen Resort Escudo Jaguar können wir stehen, es finden gerade zwei kleine Camper Platz und einigermassen trocken ist es auch. Nur dass wir gerade auf eine Blattschneiderameisenstrasse stehen, macht wohl diesen emsigen Tierchen, die ihre Last etliche hundert Meter weit schleppen, nicht gerade Freude. Wir versuchen, sie so wenig wie möglich zu stören. Am Morgen sind wir schon früh an der Bootsanlegestelle und fahren auf einer kleinen Lancha etliche Kilometer den Fluss hinunter zur alten Maya-Stadt Yaxchilán. Schon vom Fluss aus können wir die Ruinen sehen und gespannt klettern wir aus dem Boot und die steile Uferböschung hoch. Ein gut ausgeschilderter Weg führt uns durch die einst von Pájara Jaguar regierte Ruinenstadt. Es ist eine eindrückliche Anlage und wir lassen die Stille, die über der verlassenen Stätte liegt, auf uns wirken. Kaum ein Wort sprechen wir, spazieren einfach immer weiter und schauen und stellen uns vor, wie sich das Leben hier wohl abgespielt haben könnte. Ab und zu durchbricht ein Vogelschrei die Stille, dann wieder hören wir die allgegenwärtigen Brüllaffen in der Ferne, und auf einmal ist in den Bäumen über uns auch Leben: eine Affenfamilie schwingt sich von Ast zu Ast. Wunderbar!
Auf dem Weg nach Palenque besuchen wir die Anlage von Bonampak, die wegen ihrer farbigen Fresken bekannt ist. Das Taxi vom Parkplatz aus ist relativ teuer, die Wächter unfreundlich und so kommt nicht die gleiche Stimmung auf wie in Yaxchilán. Ein bisschen enttäuscht verlassen wir den Platz. In Palenque, zunächst in der Stadt mit den engen Gassen, danach auf dem Camping Mayabell, fühlen wir uns wieder wohl. Der sehr schön gelegene Ort hat Wäscheservice und Swimmingpool. So können wir unser grosses Wäschepaket abgeben und müssen uns nicht von Hand abmühen. Das Waschen ginge noch, aber das Trocknen ist bei der hohen Luftfeuchtigkeit immer ein bisschen ein Problem. Die Ruinen, die wir am nächsten Morgen besuchen, beeindrucken uns sehr. Sie sind gut restauriert und die Anlage ist gross und weitläufig. Wenn man sich vorstellt, dass früher hier alles leuchtend rot bemalt war, muss der Sitz der Grossen und Mächtigen für die „gewöhnlichen“ Menschen ziemlich einschüchternd gewesen sein. Leider kann man nicht mehr auf den grossen Templo de las Inscriptiones steigen, aber die Aussicht von anderen Pyramiden ist grossartig. Nur das Hinuntersteigen ist manchmal nicht ganz einfach, da die Stufen steil und uneben sind. Auf dem Rückweg liefert uns das Mayamuseum noch ein wenig Hintergrundinformationen. Hier ist auch eine Nachbildung von Pakals Sarkophagdeckel ausgestellt. Wir stellen wieder einmal fest, wie wenig wir eigentlich wissen und wie spannend dieser Teil der Erde ist!
Das Städtchen Campeche im gleichnamigen Bundesstaat ist einen Stopp wert, obwohl der Stellplatz bei der über neunzigjährigen Doña Anita und deren Familie ist etwas gewöhnungsbedüftig ist: drei grosse Hunde und drei Welpen tummeln sich im kleinen Garten und sie tummeln sich selbstverständlich nicht nur... Dann hat es ein paar Hühner und einen Hahn in winzigen Pferchen (wahrscheinlich dürfen sie frei herumlaufen, wenn keine Gäste da sind), Toilette und Dusche sind in einem Betonhäuschen untergebracht und halt so sauber wie es geht... Die Düfte, die da über dem Rasen liegen sind entsprechend gemischt. Wir fahren erst gegen Abend mit einem Taxi ins Zentrum des kleinen Städtchens und machen beim Eindunkeln eine schöne Touristenfahrt mit einem tramartigen Gefährt. Zum Glück für uns kamen noch zwei Touristinnen aus Mexico City, denn gefahren wird nur, wenn mindestens sechs Personen mitmachen. Die Stadt ist sehr schön restauriert, ein Teil der Stadtmauer steht noch und es gibt unzählige gut erhaltene Bollwerke (Baluardes). Wir suchen uns ein schönes Restaurant und geniessen wieder einmal einen Stadtabend in Gesellschaft von Edda und Helmut.
23. Dezember bis 8. Januar
Unsere Talfahrt ist imposant: Innerhalb von drei, vier Stunden von über 3'000 müM bis ans Meer. Es ist unglaublich, wie schnell sich die Vegetation verändert und die Temperaturen steigen. Zunächst durchfahren wir ein riesiges Zitrusfrüchte-Anbaugebiet und später werden die dunkelgrünen Bäume von Bananenstauden abgelöst. Wir glauben es kaum, so schnell in tropischen Gefilden angekommen zu sein. Nur meint es die Sonne immer weniger gut mit uns und als wir in Casita (Nautla), im Hotel Coco Loco von Martin Fischer ankommen, ist es recht bewölkt, aber warm. Wir werden herzlich willkommen geheissen und es trennen uns nur ein paar Meter und zwei Palapas vom Strand und genau unter diesen Palapas lassen wir uns von Martin die Gegend und seine Geschichte hier erzählen. Es ist wunderbar und wir sind froh, dass wir Weihnachten an einem so guten Plätzchen verbringen dürfen. Auch das Internet funktioniert und so wird skypen kein Problem sein. Die Nacht wird unerwartet kühl und sehr windig, der 24. Dezember beginnt grau, kalt und regnerisch. Das Meer (Playa Esmeralda) ist braun und aufgewühlt, die Wellen hoch und mit weissen Schaumkronen versehen. Es ist der erste wirkliche Regentag seit etwa acht Monaten und wir beklagen uns nicht. Nach Mails lesen und skypen mit Daheim machen wir auf Empfehlung von Martin eine Tour nach San Raffael (mit der besten Glace der Region) und von dort nach Jicaltepec in eine ursprünglich französische Siedlung. Dort besuchen wir Doña Manuela, die hier in einem traumhaft schönen verwunschenen Garten eine Vanilleplantage hat und auch Vanilleschoten verkauft. Nach dem Spaziergang im Dorf kehren wir an’s Meer zurück – in den Windjacken, die wir am Abend zuvor in den hintersten Säcken verstaut hatten. Das Weihnachtessen bei Martin findet in einer noch freien Wohnung statt, da es im Freiluftrestaurant definitiv zu kalt ist. So etwas aber auch! Das haben wir uns schon ein wenig anders vorgestellt. Aber eben, Wetter ist Wetter, man muss es nehmen wie es ist. An Weihnachten ist es nicht wirklich besser und wir machen „Büroarbeit“. Erst am nächsten Tag klart es ein wenig auf. Eigentlich wollten wir abreisen, entscheiden uns dann aber, noch den Oelwechsel in San Raffael zu machen, was problemlos funktioniert. Am Nachmittag können wir sogar draussen sitzen und in den Hängematten des Gartens lesen und ab und zu ein paar Sonnenstrahlen erhaschen. Es weht aber immer noch ein kühler Wind und zum Baden macht es uns nicht an. Gegen Abend fahren wir mit Martin an den Fluss und er zeigt uns ein Sumpfgebiet mit Krokodilen (letztere sehen wir aber nicht) und Hunderten von Vögeln, die auf ein paar wenigen Bäumen übernachten, vor allem Ibisse und Kormorane. Es erinnert uns ein wenig an Florida!
Heute aber reisen wir wirklich ab, obwohl Martin mit einer Velotour lockt. Die Gegend vor Veracruz ist Zuckerrohr Anbaugebiet und wir sehen zum ersten Mal blühende Zuckerrohrfelder. Sie sehen aus wie weiss blühendes Schilf. In Veracruz fahren wir durch die ganze Stadt, bis wir das kleine Schwimmbad mit dem Campingplatz am Fluss erreichen. Wir sind die einzigen Gäste, leider dürfen wir nicht bis auf die grosse Rasenfläche beim Fluss fahren und müssen auf dem Parkplatz (auch Grünfläche) bleiben. Die Frau, die zum Platz schaut tut alles, damit wir uns wohl fühlen. Wir bekommen sogar einen Tisch und zwei Stühle und Wasser gibt es ebenfalls, halt aus ihrem Gartenschlauch. Auf dem Grundstück neben dem Badi-Areal ist eine Hochzeit im Gange und wir haben Abendessen mit richtig guter lauter Livemusik was uns noch eine ganze Weile freut. Als die Musik irgendeinmal in den frühen Morgenstunden verstummt, schlafen wir doch noch ein paar Stunden. Dann nehmen wir den Bus in die Stadt und freuen uns sehr auf Veracruz, das das Havanna von Mexico sein soll. Der Zócalo und der Malecón sind sehr schön, auch belebt am Sonntag, aber irgendwie packt uns die Stadt nicht wirklich und wir sind ein wenig enttäuscht. Auch die Restaurants machen uns nicht an und so lassen wir das Auswärts-Essen aus. Wir rumpeln im uralten Bus zurück – man staunt schon immer wieder, was alles in welchem Zustand fährt – und kochen selber ein feines Znacht. Unser Kühlschrank ist ja gut gefüllt. Nur leider ist mir die Kälteregulierung beim Einräumen der letzten Einkäufe wohl verrutscht und Gemüse und Salat sind gefroren. Auch die Sigg-Wasserflasche ist nur noch Eis und weil sie voll war halt geplatzt. Schade drum, aber so ist es halt.
Wir verlassen Veracruz bei grauem Himmel und machen trotzdem einen Abstecher in das wunderhübsche Städtchen Tlacotalpan, das zum Unesco Weltkulturerbe gehört. Die Häuser aus der Kolonialzeit sind in allen Regenbogenfarben gestrichen und wirken trotz Wolken und Regentropfen fröhlich. Der Río Papaloapan ist braun und die Ausflugsschiffe warten fast vergeblich auf Kundschaft. Man sieht noch Spuren der letzten Überschwemmung, die auch die Zufahrtsstrasse in Mitleidenschaft gezogen hat. Ein einfaches Leben haben die Menschen hier am Fluss nicht.
Auf der Weiterreise fahren wir etwas chaotisch immer mitten durch Städtchen und Ortschaften, deren Strassen eng und holperig sind und uns immer wieder zweifeln lassen, ob wir wohl richtig sind – wir sind. Kurz nach Catemaco zweigt ein Weg ab zum Resort la Jungla. Nach etwa zwei Kilometern auf einem schmalen und verwachsenen Pfad, die Lianen hängen manchmal mitten im Weg fast bis auf den Boden, erreichen wir die Anlage. Sie ist auch schon in die Jahre gekommen und wirkt nicht mehr so gepflegt wie sie von anderen Reisenden beschrieben wurde. Der Besitzer zeigt uns, wo wir stehen können: In einem grossen Park mit Wiese und Bäumen, am Ufer der Laguna de Catemaco. Eigentlich traumhaft, aber sehr einsam (wir sind allein) und ein wenig trüb weil sich das Wetter nicht gebessert hat. Wir sind uns nicht sicher, ob wir da die nächsten Tage verbringen wollen, vor allem weil die Wetterausichten nicht gut sind. Ausserdem hat es kein WiFi, gerade zum Jahreswechsel hätten wir aber schon gerne Kontakt zu unseren Familien und Freunden. Wir konsultieren noch einmal Karten und Reiseführer und beschliessen beim Nachtessen, spätestens um acht Uhr loszufahren und den Jahreswechsel in Oaxaca zu verbringen.
Am Morgen früh hören wir aus der Ferne Brüllaffen, auf den Bäumen ringsum lärmen verschiedenste Vögel in allen Tonarten. Es ist eine richtige Dschungelkakophonie, die uns weckt. Fast kommen uns ein wenig Zweifel, ob wir wirklich weiterfahren sollen. Aber ein Blick in den Himmel und das Gefühl von Einsamkeit bestärken uns in unserer Entscheidung, daran ändert auch die kalte Dusche nichts, im Gegenteil. Um acht Uhr fahren wir los. Und fahren und fahren und fahren. Die Strassen sind auf den ersten Kilometern sehr löcherig und nur vorsichtig und langsam befahrbar. Als sie besser werden, ist die Strecke kurvig und steil und das Wetter schlecht. In den Bergen hat es dicken Nebel und die Sicht ist sehr eingeschränkt. Aber schliesslich ist hier Nebelwaldgebiet, also ist das wohl folgerichtig... Irgendeinmal wissen wir auf jeden Fall, warum unser GPS uns eine etwa hundert Kilometer längere Route angegeben hat. Wahrscheinlich wären wir schneller gewesen, aber das Gebirge ist ein Abenteuer (und bei schönem Wetter sicherlich super) und wir kommen immer noch bei Tageslicht in Oaxaca an. Wir fahren in die Overlander Oasis von Leanne und Kalvin, einem kanadischen Paar, und können uns da gerade noch hinter einem grossen Zelt in den Garten quetschen. Gottlob, denn nun erfahren wir, dass der RV-Park in der Stadt ziemlich schmutzig und verkommen ist und den anderen Platz etwas ausserhalb gibt es gar nicht mehr. Glück gehabt! Den letzten Tag in diesem Jahr lassen wir ruhig angehen. Wir schlafen aus, skypen mit daheim und sehen uns gegen Mittag einmal in Santa Maria del Tule, dem kleinen Dorf vor Oaxaca, um. Mitten im Dorf neben der kleinen bunten Kirche steht der berühmte Riesenbaum, eine Montezumazypresse, deren Stammdurchmesser 11 m misst. Der Silvesterabend wird gemütlich, alle sitzen um den grossen Tisch in der riesigen offenen Wohnzimmerküche mit Cheminée bei Leanne und Kalvin. Da sind ein deutsches Paar aus Lörrach, schon seit Jahren am Reisen, unsere alten Bekannten Sue und Denys, die gestern noch ihren Bruder am Flughafen abgeholt haben, ein Paar aus Kanada, das im kleinen Ferienhäuschen wohnt und wir zwei. Wir begrüssen das neue Jahr mit je zwölf Trauben, für jeden Monat eine, und einem Minifeuerwerk von Kalvin. Den Neujahrstag verbringen wir Oaxaca. Es ist ruhig, hat wenig Verkehr, viele Geschäfte haben geschlossen und nur die Restaurants und Imbissbuden, die Essmärkte und Pärke sind voller Menschen. Auf dem Zócalo spielen Väter mit ihren Kindern mit etwas das aussieht wie ein weihnächtlich verpacktes Rohr, aber ganz leicht ist und relativ unberechenbar durch die Luft fliegt. Auch hier hat es Demonstranten, die an die ermordeten Studenten erinnern und die Polizeipräsenz ist gross, aber nicht bedrohlich. Wir fühlen uns wohl schauen den Menschen zu und nehmen am sonntäglichen Stadtleben teil. Gegen Abend kehren wir zurück, diesmal nicht mit dem Bus (es fährt keiner mehr) sondern mit dem Collectivo, einer Art Taxi, das nur fährt, wenn mindestens vier Personen fahren. Sie sind mit den Destinationen angeschrieben und es ist nicht schwer, welche nach El Tule zu finden. Unseres fährt schlussendlich mit fünf Personen, etwas eng, aber es geht...
Nachdem uns Leanne mit Informationen und PDF-Karten versorgt hat, fahren wir heute in eines der drei Täler, die in Oaxaca zusammentreffen. In Teotitlán del Valle gibt es unzählige Familien, die wunderschöne, meist mit Naturfarben gefärbte Teppiche herstellen. Auf dem Dorfplatz ist immer noch der handwerkliche Weihnachtsmarkt aufgestellt, und wir kaufen einen Läufer für unser Truckli. Auf dem Rückweg machen wir Halt bei einer Mezcal-Brennerei, wo die ganze Agaven-Schnapsproduktion vorgeführt wird. Man kann den Mezcal rein haben, aber es gibt ihn auch in allen Früchtevariationen als supersüssen Likör – uns hat die Degustation gereicht, wir lassen das süsse Zeugs sein und wählen einen älteren, reinen Mezcal zum Mitnehmen.
Wir verlängern unseren Aufenthalt noch einmal um einen Tag und kaufen im Dorf ein grosses Betttuch, das dann unsere Schlafsäcke ablösen soll wenn es wärmer ist. Es ist unglaublich, wie wenig ein riesiges Tuch, auf einem grossen Webstuhl gewoben, kostet. In der immer noch ruhigen Stadt besuchen wir das Textilmuseum, das jetzt offen hat und bummeln noch einmal kreuz und quer durch die Gassen. Hier lässt es sich wirklich gut leben und wir verstehen Leanne und Kalvin, die sich diesen Ort zum Leben ausgesucht haben.
Nun geht es für uns aber endgültig strandwärts. Durch die Berge, diesmal bei schönerem Wetter und ohne Nebel, jedoch nicht weniger anstrengend zum Fahren, erreichen wir am Nachmittag die Küste. Die Playa Zypolite, unser Übernachtungsziel, ist recht belebt, wir finden grad noch eine Ecke, wo wir unser Truckli stellen können. Und hier treffen wir Edda und Helmut, deren Blog wir fast seit Beginn unserer Reise verfolgen. Der gemeinsame Apéro zieht sich in die Länge und kurz bevor wir betrunken sind, essen wir zusammen in einem der schönen Strandbeizli Znacht. Der Strand und die Infrastruktur hier sind zum Bleiben. Im Dörfchen gibt es alles zu kaufen was man so braucht Mit Strandspaziergängen, Baden in den (fast etwas zu hohen) Wellen und zwischendurch mit Edda und Helmut im Schatten sitzen, verbringen wir schlussendlich vier Nächte an diesem Örtchen. Den letzten Abend am Strand geniessen wir bei Kerzenlicht, denn im ganzen Ort ist der Strom ausgefallen und es ist stockdunkel – richtig romantisch!
Fast ein wenig wehmütig nehmen wir Abschied von diesem lebhaften Ferienort und fahren weiter nach Barra de la Cruz. Nach einer relativ kurzen Fahrt treffen wir hier gerade auf’s Gegenteil: Es ist wenig bis nichts los, wir stehen ganz allein auf dem Platz, der leider nicht ganz am Strand liegt. Es ist schön hier im Schatten zu sitzen, aber Mücken und sonstige Stechviecher machen uns das Leben schwer und in der Nacht ist es heiss und schwül, es geht kein Windhauch. Edda und Helmut haben uns am WC-Häuschen eine Nachricht hinterlassen, sie sind bereits weiter gefahren und auch wir wollen uns am nächsten Morgen zeitig auf den Weg machen.
Wir verstehen nicht so recht, warum bei den gemäss Reiseführer schönsten Cenotes nicht gearbeitet wird fragen, was denn genau das Problem sei. Einer der Fahrer erklärt empört, dass es einen Konflikt gebe und dass Männer (Ladros! Diebe!) aus dem Nachbardorf in der letzten Nacht die Schienen abmontiert und gestohlen hätten. Jetzt können sie nicht mehr arbeiten und haben keinen Verdienst mehr und wissen nicht, wann es wieder losgehen kann mit den Fahrten. Für uns ist klar, dass wir hier übernachten wollen und wir hoffen, dass sich die Situation bis morgen geklärt haben wird. Am Abend sitzen die Männer immer noch beisammen, einer hat sich zum Sprecher gemacht und erklärt, dass sie sich in Mérida beschweren gehen sollen, dass sie aber den Betrieb hier irgendwie wieder aufnehmen müssten, denn all die Touristen könne man doch nicht einfach enttäuschen.
Am Morgen sitzen wieder ein paar Männer hier, andere sind wohl auf Inspektionstour. Auf unsere Fragen hin erklärt uns einer von ihnen, dass wir noch eine Weile warten sollen, sobald die Gruppe zurück sei, würden sie höchstwahrscheinlich fahren. Allerdings müssten wir dann ein Stück zu Fuss gehen, dort eben wo die Schienen fehlen.
Die Schienenwägelchen, auf denen wir die Cenotes besichtigen, wurden früher gebraucht um die Agavenblätter, aus denen Sisal hergestellt wurde, zu transportieren. Schade, dass sich diese Naturfaser nicht mehr so gut verkaufen lässt. Die Produktion scheint eingestellt zu sein und die Sisal-Hängematten, die offenbar früher hier in der hergestellt wurden, fanden wir leider auch keine mehr. Es gibt sie nur noch aus Nylon oder Baumwolle, letztere jedoch ausschliesslich beige, also ungefärbt.
Es gibt ab und zu Kontrollen - ganz ernst gemeint sind sie aber wohl nicht, wenn die Polizeiautos so bereitstehen...
Diesen VW-Käfer mit Maria, Josef und Jesus-Kind und den heiligen drei Königen auf dem Rücksitz haben wir im Museum für Volkskunst in Mérida gefunden. Wunderbar!
An der Tankstelle in Izamal treffen wir diese glücklichen Schweine an - sie bekommen gerade ein wenig Wasser in die Schnauzen gespritzt und wir hoffen sehr, sie sind unterwegs zu einem neuen Besitzer und nicht zum Metzger!
Umarmungen gratis - mitten in San Cristóbal werden sie von einer Guppe junger Menschen vor der Kirche freigebig verteilt! So fröhliche gutgelaunte Menschen treffen wir überall in Mexiko an!
Ob da alle Bildchen auch gelten für uns?
Knapp
In den engen Gassen der kleinen Städchen wird das Autofahren manchmal zum Geduldspiel. Wer jedoch solche Räder hat, kann locker drängeln...
Pemex?
Im nächsten Dorf soll es laut GPS eine Pemex geben, Tanners müssen tanken, aber wir zweifeln ein bisschen, ob es da wirklich eine Tankstelle gibt. Es gibt eine! und wie man sieht, funktioniert sie auch ohne die gewohnten Tanksäulen tadellos Die vier Kanister werden sorgfältig eingefüllt.
Abschied
So, nun hat er endgültig den Geist aufgegeben, nachdem wir ihm so oft gedroht hatten, ihn zu entsorgen und er dann jedesmal wieder brav gebrannt hat. Er hat uns von Halifax bis hier nach Palenque treu gedient, obwohl der Rost schon ein Loch in den Boden gefressen hat und ab und zu mehr Russ als Flammen aus dem Brenner aufstiegen.
Auf der Suche...
...nach der Motorennummer - vergeblich. Wir finden sie auch vorne links nicht (steht so im Handbuch) und hoffen, dass wir sie nie angeben müssen an einem Grenzübergang.
Mexikanische Lösung
Als wir am Abend unser Truckli schliessen wollen, gibt es einen Knirsch und der rechte Stossdämpfer oder wie man das nennt, ist abgebrochen. Beim genaueren Hinschauen sehen wir, dass er ein wenig gekrümmt ist und kommen zum Schluss, dass wir wohl einen neuen brauchen. Nur: Woher bekommen wir genau den Richtigen? Wir schreiben Harld in Izamal an und bestellen das Teil bei Tom's an Harald’s Adresse. Bis wir wieder eine funkionierende Heckklappe haben, müssen wir mit einer mexikanischen Lösung Vorlieb nehmen: wir stellen jetzt einfach einen Stock unters Heck und so geht’s auch.
Fähre
Als wir am Fluss, der uns von Jitaltepec trennt, aus dem Bus steigen, machen wir etwas skeptische Gesichter als wir das Ruderschifflein sehen, in dem wir über den Fluss mit starker Strömung gesetzt werden sollen. Aber die Einheimischen haben offenbar keine Probleme damit, bugsieren ihre Einkäufe auf das Böötlein und steigen ein. Wir machen das auch, mit ein wenig Herzklopfen halt, und kommen problemlos auf der anderen Seite an.
Das wäre doch ein Foto für unseren Sepp Blatter: Die Kirche halb auf dem Fussballplatz mitten im Dorf Jicaltepec! So etwas gibt es wohl nicht im Wallis...
Fast wie ein alter Holzsetzkasten mutet die Billett-Kasse im uralten Bus in Veracruz an. Alles ist übersichtilch angeordnet, der Verkauf funktioniert reibungslos und die Münzen bleiben auch auf der Holperstrasse in ihren Kästchen.
Ganz offensichtlich kümmert man sich in Mexico um die Gesundheit der Bürger: Nicht zum ersten Mal treffen wir mitten im Dorf auf ein Freiluft-Fitnesscenter, das für alle zugänglich ist. Trainierende haben wir allerdings bisher noch nie beobachtet...
Wir wollen einen Teppich kaufen für unser Truckli und treffen in Teotitlán auf eine Riesenauswahl! Jetzt müssen wir nur noch messen und aussuchen, was gar nicht so einfach ist: Blautöne oder lieber orange-grün? Stark gemustert, uni oder gestreift? Nach zwei Runden auf dem Markt sind wir fündig und uns einig: Er ist ist wunderschön, in grün-, gelb und orange Tönen gemustert und passt genau in unsere schmale „Wohnung“.
Unser Wäschesack ist prall gefüllt und an der Playa Zypolite hat es genug Wasser, umwieder einmal richtig zu waschen.
Mit Waschpulver, Seife und Bürste rücke ich den hartnäckigen Flecken auf den Leib. Seit ich das wieder so mache, werden auch unsere Küchentücher wieder weisser, die Frage ist nur, wann sie durchgescheuert sind bei dieser Behandlung...